Mittwoch, 18. März 2015

Eintauchen in grenzenlose Freiheit

Es gibt Menschen, die wirken. Und zwar weit über das Treffen hinaus. Monika ist so ein Mensch. An Land ist sie auf den Rollstuhl angewiesen, im Wasser entdeckt sie Schwerelosigkeit. Sie gilt als Deutschlands erfahrenste Taucherin mit Handicap. Und sie hat mich etwas gelehrt: Die wirklichen Grenzen verlaufen im Kopf. Oder andersrum formuliert: Grenzenlose Freiheit ist möglich, wenn man etwas entdeckt, was dem Leben Sinn gibt.

An Land sitzt Monika im Rollstuhl, im Wasser schwimmt sie schwerelos



Ganz unten

Im Jahr 2000 war es, da knickten Monika nach dem Tod ihres Vaters die Beine weg. Die Diagnose ihres Arztes lautete: Posttraumatische Belastungsstörung. Er legte ihr nahe, eine Psychotherapie zu machen, was sie auch tat, aber die Symptome nahmen zu. So sehr, dass sie 2002 nur noch mit Krücken gehen konnte. Sie wollte nichts lieber als gesund werden und wurde doch immer kränker. Die Ärzte nahmen sie nicht ernst, schoben ihre Beschwerden auf die Psyche. Ihre Ehe zerbrach.


Auftauchen

Als sie ganz unten war, allein, mit Handicap und ohne der richtigen Diagnose und Therapie lernte Monika einen Mann kennen, der sie genauso akzeptierte wie sie war. Er machte auch den Vorschlag, gemeinsam ins Wasser zu gehen, besser gesagt: unter Wasser. Die beiden fuhren nach Ägypten ans Rote Meer. Den ersten Tauchgang wird Monika nie vergessen: "Ich merkte sofort, dass ich mich unter Wasser einfach nur gut fühlte. Hier war es ganz egal, ob ich noch laufen konnte oder nicht. Das Wasser trug mich. Ich fühlte mich sorgenlos und unendlich frei." 
Unter Wasser alles andere als gehandicapt

Ausgebremst

Tauchen, das war Monikas Lebenstraum. Und doch erhielt sie als so genannte Behinderte das Brevet nicht und hatte damit keinen Nachweis, den Tauchkurs erfolgreich absolviert zu haben. Und das braucht man, wenn man in offenen Gewässern tauchen will. Sie recherchierte und telefonierte so lange, bis sie in Deutschland eine Tauchschule fand, für die sie "kein Problem" war. Dort machte sie ihr Abzeichen und wollte richtig loslegen mit dem Tauchen. Aber ein schwerer Autounfall bremste sie wortwörtlich aus. Ihre Beine konnte sie gar nicht mehr bewegen, was allerdings weniger am Unfall lag. Sondern an dem, was sie schon lange in sich trug. Das fand ein engagierter Neurologe heraus, der sie in Folge des Unfalls untersuchte. Er stellte (endlich) die richtige Diagnose: Multiple Sklerose. Das war 2007 und damit sieben Jahre nach den ersten Symptomen. "Die Diagnose war erst mal schrecklich", erinnert sich Monika, "aber das Leben ging weiter. Und für mich sollte es unter Wasser weitergehen." Sie begann, ihre Erfahrungen aufzuzeichnen, u.a. auf dem Internetportal MyHandicap und in einem Video, das sie und andere Taucher mit Handicap in Aktion zeigt:  




Mut machen


Inzwischen hat sie rund 300 Tauchgänge gemacht und gilt als Deutschlands erfahrenste Taucherin mit Handicap. Ihre Erfahrungen gibt sie weiter, live am Meer und zum Nachlesen daheim. Denn Monika hat ein Buch geschrieben für alle, die sich für diesen besonderen Sport interessieren: Tauchen mit Handicap. Die Freiheit unter Wasser. Von Monika Wenninger.





Wie der Traum vom Tauchen auch mit Handicap zu
verwirklichen ist, beschreibt Monika in ihrem Mutmach-Buch
Wobei Tauchen für Monika sehr viel mehr ist als "nur" ein Sport: "Ich habe erfahren, wie wichtig es ist, nicht in der Krankheit zu versinken, sondern etwas zu finden, das dem Leben Sinn schenkt. Und genau diese Erfahrung gebe ich in meinem Buch weiter."

4 Kommentare:

  1. Eine sehr Mut machende Geschichte! Wundervoll :)

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    1. Da gebe ich Dir Recht: eine tolle Frau. Bin sehr froh, ihr begegnet zu sein

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  2. Fazit: Nichts ist unmöglich! Oder: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Diese Frau zeigt uns auf beeindruckende Weise, dass das nicht einfach so dahingesagt sein muss.

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  3. Erinnert mich, liebe Claudia, an Deinen Beitrag "geht nicht, gibt´s nicht", denn manches geht eben doch, halt bisweilen anders als man ursprünglich denkt

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